Wann ist man selbständig, wann Beschäftigter? Wo liegen die Unterschiede?
Viele die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen, möchten freier gestalten was sie arbeiten wie lange sie arbeiten und auch für wen sie arbeiten. Doch man kann beim Thema Selbständigkeit leicht einer Täuschung unterliegen und eine scheinselbständige Tätigkeit annehmen. Ein beachtliches Risiko liegt darin, dass bei einer scheinselbständigen Tätigkeit keinerlei Sozialversicherungs- und arbeitsrechtliche Absicherungen vorhanden sind. Ein anderes Problem ist aber auch, dass zum Thema Scheinselbständigkeit keinerlei klare, verständliche und praxisnahe Merkmale vorliegen.
Eine Tätigkeit die grundsätzlich als selbständig bezeichnet wird, bei der der „Selbständige“ aber de facto in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis als Mitarbeiter steht, wird in aller Regel als scheinselbständige Tätigkeit betrachtet. Da hierzu jedoch keine klaren Regeln aufgestellt sind, wird im Zweifelsfall vor Gericht immer die gesamte Tätigkeit zu werten sein. Hier legt aber z.Zt. noch jeder Richter etwas andere Maßstäbe an. Es ist deshalb für die Betroffenen oft nicht klar ersichtlich welche Kriterien für ihre Tätigkeit herangezogen werden.
Für echte Selbständige besteht natürlich durch die Probleme bei der Festlegung von Scheinselbständigkeit aber auch ständig das Risiko keine oder weniger Aufträge zu bekommen, da potentielle Auftraggeber die Gefahr einer Scheinselbständigkeit nicht in Kauf nehmen.
Maßgebend ist immer die vorliegende Tätigkeit
Wenn ein Auftraggeber die Zeit, Dauer und den Ort der Tätigkeit bestimmt, wenn er also eindeutige Weisungen erteilt spricht man immer von Scheinselbständigkeit, wobei entscheidend ist wie sich der wirklich vorliegende Arbeitsalltag darstellt. Ist der Betroffene hier eindeutig Weisungsgebunden sieht der Gesetzgeber hier immer eine abhängige Beschäftigung. Typische Beispiele hierfür sind Kurierfahrer, Krankenschwestern und Honorarärzte aber auch Beschäftigte bei Film und Fernsehen.
Wichtig bei der Beurteilung von Scheinselbständigkeit ist aber neben einer Gewissen Weisungsgebundenheit aber auch die Integriertheit im Betrieb
- Ist der Mitarbeiter an feste Arbeitszeiten gebunden?
- Sind feste Dienstpläne und Vorschriften einzuhalten?
- Kann der Mitarbeiter Aufträge im Einzelfall auch ablehnen
- Nutzt der Mitarbeiter eine Visitenkarte der Firma?
- Nutzt er eine E-Mail-Adresse der Firma
Dies sind Argumente für die Beurteilung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Um ihre Selbständigkeit ausdrücklich hervorzuheben sollten Selbständige immer darauf achten sich ganz klar von der jeweiligen Firma abzugrenzen und dies auch kenntlich zu machen.
Unterstützung durch unabhängige Rentenberater oder die Clearingstelle der Rentenversicherung
Was zum einen ein Nachteil ist, nämlich die Einsparung von Sozialversicherungsbeiträgen, kann zum anderen auch ein Grund für die Scheinselbständigkeit sein. Wer sich also mit dem Gedanken trägt eine „selbständige Tätigkeit“ als freier Mitarbeiter anzunehmen kann sich jederzeit an einen zugelassenen Rentenberater oder die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung wenden, die dann bereits vor Aufnahme der Tätigkeit die Voraussetzungen für eine abhängige oder selbständige Tätigkeit genau abwägen und überprüfen und auch entsprechende Schritte unternehmen.
Dies hat natürlich auch den Vorteil, dass erhebliche Beitragsnachzahlungen vermieden werden, die bei der nachträglichen Feststellung einer abhängigen Beschäftigung im Rahmen einer Betriebsprüfung ermittelt werden. Man kann sich hier nicht darauf berufen nicht informiert gewesen zu sein. Bei nachträglichen Beitragsforderungen sind diese vom Arbeitnehmer für höchstens drei Monate, vom Arbeitgeber allerdings für vier Jahre nachzuentrichten. Wird hierbei Vorsatz nachgewiesen, sind vom Arbeitgeber sogar bis zu 30 Jahre rückwirkend Beiträge zu zahlen.
Steuernachzahlung
Nicht nur Beiträge können, wie oben geschildert, nachgefordert werden sondern auch die Lohnsteuer und zwar rückwirkend für vier Jahre. Differenzbeträge bei den Abzügen aufgrund niedrigerer Lohnzahlungen als Beschäftigter im Vergleich zum Selbständigen wären dann zu erstatten.
Statusfeststellungsverfahren
Ein Statusfeststellungsverfahren beim Rentenversicherungsträger sollte man immer erst nach einer umfassenden vorherigen Beratung und nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber beantragen. Selbständige sollten hier unbedingt beachten, dass bei einem negativen Statusfeststellungsverfahren nicht nur immense Nachzahlungen sondern auch der Verlust von Aufträgen drohen.
Wichtig ist hier auch die Tatsache, dass die Prüfkriterien für selbständige Tätigkeiten in den letzten Jahren beträchtlich angehoben wurden und deshalb von der Clearingstelle der Rentenversicherung erheblich mehr Fälle als scheinselbständig eingestuft werden als früher.
Flexibilität ist wichtig
Für den der sich selbständig machen möchte ist es wichtig darauf zu achten, dass er im Umfang und der zeitlichen Gestaltung der Tätigkeit möglichst frei und auch nicht weisungsgebunden und zur Anwesenheit verpflichtet ist. Dies sollte auch in seinem Vertrag entsprechend fixiert werden. Nützlich ist auch die Bezahlung nicht nach Stunden abzurechnen, sondern jeweils für einen gesamten Auftrag.
Problematisch wird die Sache allerdings, wenn festgestellt wird, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt und dementsprechend Sozialabgaben zu leisten sind. Den Betroffenen werden dann oft nach wie vor z.B. Kündigungsschutz oder bezahlter Urlaub vorenthalten und erfolgt bisweilen auch die Kündigung. Die entsprechenden Rechte müssen dann erst vor dem Arbeitsgericht erstritten werden, was aber nicht unbedingt von Erfolg gekrönt ist. Hier ist aber Eile geboten, weil die Klage beim Arbeitsgericht innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eingereicht werden muss
Wer sich also mit dem Gedanken trägt, sich selbständig zu machen, sollte sich auf jeden Fall fachlich beraten lassen. Wir unterstützen Sie in jedem Fall sach- und zielgerecht und zeigen Ihre individuellen Möglichkeiten verständlich auf. Ihre Rentenberatung Kleinlein. Kontaktieren Sie uns.
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