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Arbeitslosengeld

Anrechnung Arbeitslosengeldzeiten auf 45 Jahre Wartezeit für Rente

Bei einer Rente mit 63 für besonders langjährig Versicherte stellte sich oft die Frage, ob im Falle eines Arbeitslosengeldbezuges wegen einer teilweisen Betriebsaufgabe des Arbeitgebers die Zeit des ALG-I Bezuges ausnahmsweise auf die Wartezeit (45 Jahre bzw. 540 Monate) innerhalb von 24 Monaten vor dem Rentenbeginn angerechnet werden darf. Da es in solchen Fällen immer wieder zu Problemen bzw. Streitigkeiten kam, musste der 5. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 28.06.2018 (AZ: B 5 R 25/17 R) eine Entscheidung treffen.

Grundsätzliches

Versicherte die das 63. Lebensjahr vollendet haben und eine Wartezeit von 45 Jahren vorweisen können haben seit dem 01.07.2014 die Möglichkeit eine abschlagsfreie Rente vorzeitig in Anspruch zu nehmen (s. Artikel „Rente für besonders langjährig Versicherte“, „45 Beitragsjahre und Altersrente“ „Neue Rentenreform 2014 beschlossen“). Grundsätzlich gilt diese Regelung für Jahrgänge bis zum 31.12.1952. Für alle Versicherten ab dem Geburtsjahr 1953 kommt es zu einer Verschiebung des Rentenbeginns von jeweils 2 Monaten pro späteres Geburtsjahr.

Für die Rente für besonders langjährige Versicherte wird außerdem eine Wartezeit von 45 Jahren bzw. 540 Kalendermonaten gefordert. Angerechnet werden hier alle Beschäftigungszeiten mit Pflichtbeiträgen, Kindererziehungszeiten, Wehrdienstzeiten und Zeiten mit Krankengeld oder Arbeitslosengeld I-Bezug.

Die Ausnahme

Damit aber ein Boom an Frühverrentungen vermieden werden konnte, wurde als Ausnahmeregelung die Anrechnung des Bezuges von Arbeitslosengeld I in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn auf die 45-jährige Wartezeit ausgeschlossen. Wer also zu Beginn seines ALG-I Bezuges die Wartezeit von 45 Jahren nicht erfüllt hat und in den letzten 24 Monaten vor seinem Rentenbeginn ALG-I bezieht, hat keinen Anspruch auf die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte. Dies bedeutet, dass die Zeit des ALG-I Bezuges in diesen Fällen nicht auf die Wartezeit von 45 Jahren angerechnet werden.

Wichtig ist es aber zu beachten, dass ALG-I Zeiten in solchen Fällen zwar nicht als Wartezeiten angerechnet aber immer bei der Berechnung der Rentenhöhe berücksichtigt werden.

Versicherte die im Falle einer Arbeitslosenzeit vor ihrem Rentenbeginn bereits die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben müssen sich keinerlei Sorgen machen. Hier machen nämlich Zeiten von Arbeitslosengeld in den letzten 24 Monaten vor der Rente keinerlei Probleme. Ein Anspruch auf die abschlagsfreie Rente für besonders langjährige Versicherte wird dadurch nicht negativ beeinflusst.

Die „Rück-Ausnahme“

In fast jedem Fall gibt es ja bekanntlich eine Ausnahme und bei den oben genannten Ausnahmefällen (Ausschluss der Anrechnung) gibt es sogar eine Ausnahme von der Ausnahme, die sogenannte Rück-Ausnahme.

Rück-Ausnahme bedeutet hier analog, dass der Bezug von Arbeitslosengeld I im 24 Monatszeitraum vor der Rente bei der 45-jährigen Wartezeit doch angerechnet wird, wenn die Arbeitslosigkeit durch eine Insolvenz oder Betriebsaufgabe des Arbeitgebers ausgelöst wird. Und genau diese Regelung der Rück-Ausnahme führte zu einer Streitigkeit und dazu, dass sich das BSG damit befassen musste.

Zum Sachverhalt

Der vorliegende Klagefall wurde von einem 51-jährigen Mann angestrengt, der vor seiner Arbeitslosigkeit und anschließender Rente in einem Unternehmen mit hunderten Standorten in Deutschland gearbeitet hatte. Durch seinen Arbeitgeber wurde der Betriebsort, in dem der Kläger beschäftigt war, geschlossen. Der Arbeitgeber kündigte dem Kläger zum 31.12.2012, was dann zur Arbeitslosigkeit des Klägers führte. In der Zeit vom Januar 2013 bis Juni 2013 bezog der Mann ALG I und beantragte dann bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte ab 01.07.2014.

Die DRV als Beklagte lehnte diese Rente ab, da sie der Auffassung war, dass der Kläger die Wartezeit von 540 Beitragsmonaten nicht erfüllt habe, es fehlten noch 4 Kalendermonate. Die DRV war der Meinung, dass hier eine Rück-Ausnahme nicht vorläge, weil der Arbeitgeber des Klägers das Unternehmen nicht vollständig geschlossen hätte, und rechnete deshalb die Zeiten des ALG I Bezuges nicht auf die Wartezeit an.

Die Richter schlossen sich in allen Instanzen der Verfahrensführung der Beklagten an, sodass der Kläger das gesamte Klageverfahren – auch vor dem Bundessozialgericht – verlor.

Die Urteilsbegründung

Für die Begründung des Urteils waren den Richtern des BSG hauptsächlich folgende Gründe maßgebend.

  1. Auch wenn ALG-I Zeiten vor dem Beginn einer neuen Rente ab dem 01.07.2014 geleistet wurden, sind sie nicht anrechenbar auf die 45 jährige Wartezeit.
  1. Nur wenn ein Arbeitgeber sein Geschäft vollständig beendet, also bei einer Aufgabe des gesamten Betriebes, liegt eine Rück-Ausnahme und somit eine Ausnahme von der Ausnahme vor.

Die unmittelbare Verbindung der Insolvenz eines Arbeitgebers mit der Rück-Ausnahme Regelung war hierbei die Folgerung. Wobei sich hier auch eine Ausnahme von der Ausnahme darstellt, was zur Folge hat, dass die Insolvenz für das gesamte Unternehmen also alle Betriebsstandorte gültig ist.

Der Begriff der vollständigen Geschäftsaufgabe wird hingegen im Gesetz nicht explizit definiert. Allerdings legt das Bundessozialgericht bei seiner Urteilsbegründung Wert auf die besondere Ausnahmeregelung des Gesetzes, und zwar hinsichtlich Zwecks, Sinn und Normgehalt der Vorschrift, wodurch bei der Definition einer vollständigen Geschäftsaufgabe in aller Regel eine missbräuchliche Frühverrentung ausgeschlossen werden kann. Bereits in einem früheren Verfahren, bei dem es um die Frage einer Insolvenz als Rückausnahme ging, hatte das Bundessozialgericht mit Urteil vom 17.08.2017 (AZ: B 5 R 8/16 R) entsprechend entschieden.

Rechtsfolge der Entscheidung

Obwohl dem Kläger im genannten Verfahren lediglich 4 Kalendermonate fehlten, um einen abschlagsfreien Rentenanspruch auslösen zu können, hätte er die Möglichkeit gehabt das Gerichtsverfahren zu umgehen. Es bestand nämlich zu damaligen Zeitpunkt bereits eine „legale“ Möglichkeit bei einem ALG-I Bezug die fehlenden Monate noch aufzubringen. Dies wäre durch die Annahme eines versicherungspflichtigen Minijobs mit einem Verdienst von bis zu 450 Euro monatlich möglich gewese (s. Artikel „Minijob und Rente“)

Die Ausnahmeregelungen des § 51 Abs. 3 a Satz 1 Nummer 3 SGB VI wurden speziell für Arbeitnehmer geschaffen, deren Betrieb zahlungsunfähig ist oder aus anderen Gründen komplett geschlossen wird.

Sollte also in einem speziellen Fall die Notwendigkeit bestehen, bei einem ALG-I Bezug fehlende Wartezeiten innerhalb der 24 Kalendermonate vor dem Rentenbeginn ausgleichen zu müssen, ist immer die Aufnahme eines versicherungspflichtigen Minijobs oder einer anderen versicherungspflichtigen Beschäftigung anzuraten. Die Möglichkeiten heutzutage eine solche Beschäftigung im „Rentenalter“ zu finden sind in jedem Fall wesentlich höher als noch vor einigen Jahren. Auch sollte jemand der vor einer Arbeitslosigkeit erkrankt, sich nicht in einen Arbeitslosenbezug drängen lassen, sondern seine Krankheit ruhig auskurieren, da Zeiten des Krankengeldbezuges immer voll auf die Wartezeit angerechnet werden, auch innerhalb der 24 Monate vor dem Rentenbeginn.

Wichtig

Schauen Sie sich ihre Rentenunterlagen genau an und achten sie speziell auf Erfüllung der Wartezeit.

Bei einer Betriebsaufgabe ist es wichtig, dass diese vollständig erfolgt und nicht nur in einzelnen Betriebsteilen.

Sind Sie sich nicht sicher, setzen Sie sich einfach mit uns in Verbindung Ihre Rentenberatung Kleinlein steht Ihnen in allen Rechtsfragen zu Ihrer Rente jederzeit gerne zur Verfügung. Gerne vertreten wir Sie auch in Widerspruchs- und Klagefällen.

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