Kranken- und Pflegeversicherung bei Geringfügiger Beschäftigungen und Grenzüberschreitung.
Welche Auswirkungen auf die Kranken- und Pflegeversicherung bei der Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung mit grenzüberschreitender Tätigkeit bestehen werden in diesem Artikel näher erläutert.
Grundsätzlich kommt die Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (EG) Nr. 883/2004 innerhalb der Mitgliedstaaten (EU, EWR und Schweiz) zur Anwendung.
Hier ist es so, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat beschäftigt ist (auch geringfügig), gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchstabe a dieser Verordnung den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates unterliegt.
Personen die also in Deutschland eine geringfügige oder eine volle Beschäftigung aufnehmen unterliegen deshalb grundsätzlich dem Versicherungsrecht in Deutschland. Beschäftigte Personen müssen in Deutschland sowohl in der Kranken als auch in der Pflegeversicherung abgesichert werden, auch wenn die geringfügige Beschäftigung krankenversicherungsfrei ist.
Umfasst werden hiervon folgende Versicherungen:
- Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (kein anderweitiger Krankenversicherungsschutz),
- die freiwillige Versicherung nach § 9 SGB V,
- die obligatorische Anschlussversicherung nach § 188 Abs. 4 SGB V,
- die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS),
- die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und
- die Familienversicherung nach § 10 SGB V.
Wohnort in Deutschland
Nimmt eine Person, die in Deutschland wohnt, aber in einem anderen Mitgliedstaat krankenversichert ist, eine geringfügige Beschäftigung in Deutschland auf, so gelten hierfür die deutschen Rechtsvorschriften und die ausländische Versicherung muss beendet werden.
Beispiel 1:
Frau Meister wohnt in Deutschland, ist jedoch über ihren Mann zulasten der französischen nationalen Krankenversicherung in einer deutschen Krankenkasse als Familienmitglied angemeldet.
Wenn Frau Meister jetzt eine geringfügige Beschäftigung in Deutschland aufnimmt, so unterliegt diese geringfügige Beschäftigung in Deutschland dem deutschen Versicherungsrecht und Frau Meister muss sich auch in Deutschland (evtl. freiwillig) versichern. Die bestehende Familienversicherung zulasten der französischen nationalen Krankenversicherung muss dann beendet werden.
Aber es gibt auch Ausnahmen. Und zwar bei Personen die bislang zulasten eines Versicherungsträgers in Dänemark, Luxemburg oder Österreich eingeschrieben und in Deutschland verwaltet wurden, greifen zwar auch die deutschen Rechtsvorschriften, die Versicherung beim Träger des anderen Mitgliedstaates kann allerdings weiter bestehen bleiben, sie können auch wie bisher in Deutschland eingeschrieben bleiben. Allerdings muss in solchen Fällen geprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Familienversicherung gemäß § 10 SGB V weiterhin gegeben sind.
Beispiel 2:
Frau Müller wohnt in Deutschland, ist jedoch über ihren Mann zulasten der österreichischen Gebietskrankenkasse in einer deutschen Krankenkasse als Familienmitglied angemeldet.
Wenn Frau Müller jetzt eine geringfügige Beschäftigung in Deutschland aufnimmt, so gelten bei Aufnahme dieser geringfügigen Beschäftigung bei Frau Müller grundsätzlich die deutschen Rechtsvorschriften. Allerdings greift hier die oben genannte Ausnahmeregelung für den Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung und Frau Müller kann weiterhin zulasten der österreichischen Gebietskrankenkasse versichert bleiben. Für solche Fälle hat sich Österreich bereit erklärt die Versicherungen entsprechend weiter zu führen.
Beispiel 3:
Herr Köllner, der in Deutschland wohnt, ist bei einer deutschen Krankenkasse zulasten der österreichischen Gebietskrankenkasse angemeldet. Seine Ehefrau ist aufgrund ihrer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit seit drei Jahren freiwillig bei deutscher Krankenkasse versichert. Vor ihrer selbständigen Tätigkeit war sie als Familienmitglied zulasten der österreichischen Gebietskrankenkasse eingeschrieben. Frau Köllner gibt nun zum 30.06.2021 ihre selbständige Tätigkeit auf und beginnt stattdessen ab Juli 2021 einen Minijob im Einzelhandel.
Wenn zukünftig alle Voraussetzungen für die Familienversicherung wieder erfüllt sind, kann Frau Köllner ab dem Ersten des Folgemonats wieder zulasten des österreichischen Versicherungsträgers eingeschrieben werden. Ihre freiwillige Krankenversicherung kann sie ohne Einhaltung von Fristen kündigen.
Wenn jemand bisher nicht erwerbstätig und in Deutschland versichert war und jetzt eine geringfügige Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat aufnimmt, so kommt hier das Sozialversicherungsrecht dieses Staates zum Tragen, es sei denn diejenige Person nimmt die Beschäftigung in Österreich, Dänemark oder Luxemburg auf. In diesem Fall bleibt sie weiterhin in Deutschland kranken- und pflegeversichert. Die Voraussetzungen prüft immer der Versicherungsträger im jeweiligen Beschäftigungsstaat.
Beispiel 4:
Frau Grundmann erhält eine Rente vom Deutschen Rentenversicherungsträger und ist deshalb bei einer deutschen Krankenkasse versichert. Wenn sie jetzt eine geringfügige Beschäftigung in Luxemburg aufnimmt, gelten für sie zwar die luxemburgischen Rechtsvorschriften aber aufgrund der ausgeführten Ausnahmeregelungen hinsichtlich Kranken- und Pflegeversicherung bleibt sie weiterhin der deutschen Kranken- und Pflegeversicherung versichert.
Wohnort in einem anderen Mitgliedstaat
Nimmt eine Person, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnt und dort auch krankenversichert ist, eine geringfügige Beschäftigung in Deutschland auf, so gelten hierfür die deutschen Rechtsvorschriften hinsichtlich sozialer Sicherheit.
Beispiel 1:
Frau Beck ist nicht beschäftigt, wohnt in Holland und ist dort auch krankenversichert. Wenn Frau Beck jetzt eine geringfügige Beschäftigung in Deutschland aufnimmt, so unterliegt diese Beschäftigung dem Versicherungsrecht in Deutschland und sie muss sich deshalb auch in Deutschland (z.B. freiwillig) versichern. Ihre Versicherung in Holland muss dann beendet werden.
Die Ausnahmeregelungen hinsichtlich Österreich, Dänemark und Luxemburg greifen auch hier. Nimmt nämlich eine Person, die in einem dieser Länder wohnt eine geringfügige Beschäftigung in Deutschland auf, berührt dies die bisherige Versicherung im anderen Staat nicht und es verbleibt bei der bisherigen Versicherung.
Beispiel 2:
Herr Jensen ist nicht beschäftigt, wohnt in Dänemark und ist auch in Dänemark krankenversichert.
Wenn Herr Jensen jetzt eine geringfügige Beschäftigung in Deutschland aufnimmt, bleibt er weiter in Dänemark versichert, da für ihn mit der Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung in Deutschland zwar grundsätzlich die deutschen Rechtsvorschriften gelten, er aber aufgrund der Ausnahmeregelungen hinsichtlich Kranken- und Pflegeversicherung weiterhin in Dänemark versichert sein kann. Für solche Fälle hat sich Dänemark bereit erklärt die Versicherungen entsprechend weiter zu führen.
Studentinnen und Studenten
Wenn eine Studentin oder ein Student neben dem Studium eine geringfügige Beschäftigung oder ein Praktikum ausübt, das wie eine Beschäftigung gewertet wird, so greifen hier grundsätzlich die Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird. In den Ländern Österreich, Dänemark und Luxemburg gelten allerdings auch in diesen Fällen entsprechende Ausnahmeregelungen.
Beispiel:
Herr Faust wohnt noch zu Hause bei seinen Eltern in Österreich. Er entschließt sich für ein Ingenieurstudium in München, bleibt aber weiterhin während des Studiums bei den Eltern wohnen. Um sich sein Studium zu finanzieren, nimmt er neben dem Studium eine geringfügige Tätigkeit in Deutschland auf.
Grundsätzlich gelten im Falle von Herrn Faust während seines Studiums weiterhin die österreichischen Rechtsvorschriften (Art. 11 Abs.3 Buchstabe e VO (EG) 883/04). Mit der Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung würden dann die deutschen Rechtsvorschriften greifen (Art. 11 Abs.3 Buchstabe a VO (EG) 883/04). Aufgrund der bestehenden Ausnahmeregelungen für Dänemark, Luxemburg und Österreich kann Herr Faust aber weiterhin in Österreich versichert bleiben, da sich Österreich für solche Fälle bereit erklärt hat, die Versicherungen entsprechend weiter zu führen.
Für die Schweiz gilt Ausnahmeregelung nicht mehr
Bisher galten die genannten Ausnahmeregelungen bei Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung nicht nur für die Länder Österreich, Dänemark und Luxemburg, sondern auch für die Schweiz. Die Eidgenossen haben jetzt aber mitgeteilt, dass sie diese Ausnahmeregelungen für die Zukunft nicht mehr akzeptieren wollen. Es wurde deshalb mit der Schweiz mit sofortiger Wirkung übereinkommend beschlossen, die von den Ausnahmeregelungen betroffenen Fälle für die Zukunft (zum Ersten des Folgemonats) entsprechend umzustellen, wobei eine Rückabwicklung nicht notwendig wird.
Sollten Sie weitere Fragen hierzu haben steht Ihnen die Rentenberatung Kleinlein jederzeit gerne zur Verfügung. Wir helfen Ihnen weiter. Rufen Sie uns einfach an.