Gestaffelte Mutterschutzfristen nach Fehlgeburten ab der 13. Schwangerschaftswoche
Schwangere und Mütter erhalten unter bestimmten Voraussetzungen für den Zeitraum der Schutzfristen unmittelbar vor und nach der Geburt eines Kindes Mutterschaftsgeld, um den betroffenen Frauen eine wirtschaftliche Absicherung zu garantieren und ihnen so den Anreiz zu nehmen, während dieser Schutzfristen einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Bundestag hat einen wichtigen Schritt zur Unterstützung von Frauen nach Fehlgeburten unternommen. Ab dem 01.06.2025 gelten gestaffelte Mutterschutzfristen ab der 13. Schwangerschaftswoche. Grundlage ist das Mutterschutzanpassungsgesetz. Frauen, denen es nicht möglich ist, eine Schwangerschaft bis zum Ende auszutragen, erhalten nun die Chance, sich vom Verlust zu erholen. Sie haben ab der 13. Schwangerschaftswoche ein Anrecht auf gestaffelten Mutterschutz.
Die neuen Regelungen im Überblick:
- ab der 13. Schwangerschaftswoche: Schutzfrist von bis zu zwei Wochen
- ab der 17. Schwangerschaftswoche: Schutzfrist von sechs Wochen
- ab der 20. Schwangerschaftswoche: Schutzfrist von acht Wochen
Diese gestaffelten Fristen berücksichtigen die zunehmende physische und psychische Belastung der Frauen mit fortschreitender Schwangerschaftsdauer und bieten ihnen den dringend benötigten Schutzraum.
Frühere Rückkehr an den Arbeitsplatz auf Wunsch möglich
Betroffene Frauen können – wenn sie das ausdrücklich möchten – schon vor dem Ende der gesetzlichen Schutzfrist wieder arbeiten gehen. Diese Entscheidung kann jederzeit für die Zukunft zurückgenommen werden.
Wichtig: In diesem Fall müssen die Versicherten die Krankenkasse unbedingt informieren.
Keine verlängerte Schutzfrist mehr bei Totgeburten
Ab dem 01.06.2025 wird die Mutterschutzfrist nach einer Totgeburt nicht mehr von 8 auf 12 Wochen verlängert.
In der Gesetzesbegründung wurde hierzu aufgeführt, dass die verlängerte nachgeburtliche Mutterschutzfrist typischerweise dem Umstand Rechnung trägt, dass Früh- und Mehrlingsgeburten einer wesentlich umfangreicheren Pflege bedürfen und die Mutter somit auch psychisch bzw. physisch größeren Herausforderungen ausgesetzt ist.
Dieser zusätzliche Aufwand entfällt, wenn das Kind tot geboren oder bei Zwillingen nur ein Kind lebend geboren wurde.
Beantragung Mutterschaftsgeld bei Fehlgeburt
Bei einer Fehlgeburt stellt die behandelnde Frauenarztpraxis oder das Krankenhaus eine Bescheinigung über den Tag der Fehlgeburt und der Schwangerschaftswoche aus. Diese Bescheinigung kann formlos – zum Beispiel auf einem Privatrezept – oder auf der abgestimmten Übergangsbescheinigung erfolgen. Dieses Formular wird den Ärzten durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zur Verfügung gestellt.
Haben die betroffenen Versicherten keine ärztliche Bescheinigung erhalten, ist ihnen die Übergangsbescheinigung zur Verfügung zu stellen. Sie können die Übergangsbescheinigung dann in der Arztpraxis ausfüllen lassen und müssen selbst den unteren Teil der Bescheinigung ausfüllen und unterschreiben.
Berechnung des Mutterschaftsgeldes
Zur Berechnung und Auszahlung werden neben den Unterlagen von den Versicherten auch die Entgeltdaten der Arbeitgeber benötigt.
Damit die Arbeitgeber diese Daten übermitteln können, müssen sie über die Fehlgeburt informiert sein. Die Versicherten sollen deshalb eine Kopie der ärztlichen Bescheinigung an ihren Arbeitgeber schicken.
Anspruchsberechtigter Personenkreis auf Mutterschaftsgeld
Weibliche Mitglieder (*Zu den weiblichen Mitgliedern in diesem Sinne zählt jede Person, die schwanger ist oder ein Kind geboren hat, unabhängig von dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen Geschlecht (vgl. § 1 Abs. 4 Mitterschutzgesetz -MuSchG-)., die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld nach §§ 44 Abs. 1 bzw. 53 Abs. 6 Satz 1 Sozialgesetzbuch Teil 5 -SGB V- haben oder denen wegen der Schutzfristen nach § 3 MuSchG kein Arbeitsentgelt gezahlt wird, erhalten Mutterschaftsgeld (§ 24i Abs. 1 S. 1 SGB V).
Mutterschaftsgeld erhalten auch Frauen, deren Arbeitsverhältnis unmittelbar vor Beginn der Schutzfrist nach § 3 Abs. 1 MuSchG endet, wenn sie am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses (versicherungspflichtiges oder freiwilliges) Mitglied einer Krankenkasse waren (§ 24i Abs. 1 S. 2 SGB V).
Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 24i SGB V ist auf die Fälle leiblicher Mutterschaft beschränkt; in Fällen der Adoption besteht kein solcher Anspruch (Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 03.06.1981 – 3 RK 74/79).
Mitglieder mit Anspruch auf Krankengeld
24i Abs. 1 Satz 1 SGB V unterscheidet nicht zwischen Arbeitnehmerinnen und anderen Versicherten, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben. Hiernach gehören alle Frauen, die Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind, zum anspruchsberechtigten Personenkreis, sofern sie bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld haben.
Der Anspruch auf Krankengeld ist in § 44 SGB V geregelt.
Danach haben u. a. folgende Personengruppen grundsätzlich Anspruch auf Mutterschaftsgeld:
- Arbeitnehmerinnen (Arbeiterinnen, Angestellte und Auszubildende)
- Heimarbeiterinnen
- weibliche Personen, die Leistungen nach dem SGB III beziehen
- Künstlerinnen und Publizistinnen nach dem KSVG
- Teilnehmer an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation sowie Berufsfindung oder Arbeitserprobung, wenn sie Anspruch auf Übergangsgeld haben
- Behinderte in anerkannten Werkstätten und Behinderte, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen Leistungen erbringen, die 1/5 der Leistung eines vollen Er-werbsfähigen entspricht
- weibliche hauptberuflich selbständig Erwerbstätige, die Optionskrankengeld gewählt haben oder am Wahltarif Krankengeld teilnehmen
- Bundesfreiwilligendienstleistende
- freiwillig Wehrdienstleistende
- Bundesfreiwilligendienstleistende
Mitglieder, denen wegen der Schutzfristen kein Arbeitsentgelt gezahlt wird
Alternativ haben weibliche Mitglieder – die keinen Anspruch auf Krankengeld haben – einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld, wenn ihnen wegen der Schutzfristen kein Arbeitsentgelt ge-zahlt wird. Um einen Anspruch verwirklichen zu können, ist es erforderlich, dass die Frau bei Beginn der Schutzfrist in einem Arbeitsverhältnis steht.
Hierzu gehören unter anderem:
- Studentinnen,
- Bezieherinnen einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, * Bürgergeld - Empfängerinnen (nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II),
- freiwillige Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld,
die in einem Arbeitsverhältnis stehen, das krankenversicherungsfrei ist). Voraussetzung ist jedoch, dass die Frau selbst Mitglied einer Krankenkasse ist; eine Familienversicherung nach § 10 SGB V reicht nicht aus.
Beispiel 1:
Studentin mit geringfügiger Beschäftigung und in der Krankenversicherung der Studenten versichert
Studentin (29 Jahre) ist aufgrund ihres Studiums Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse (Krankenversicherung der Studenten) und übt neben ihrem Studium noch einen Nebenjob in Höhe von 400,00 EUR monatlich aus. Die Schutzfrist beginnt am 15.3.
Sie hat Anspruch auf Mutterschaftsgeld ab 15.3. bis zum Ende der Schutzfrist.
Beispiel 2:
Studentin mit geringfügiger Beschäftigung und familienversichert
Studentin (22 Jahre) ist über ihren Vater familienversichert und übt neben ihrem Studium noch einen Nebenjob in Höhe von 400,00 EUR monatlich aus. Die Schutzfrist beginnt am 15.3.
Sie hat keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld von der gesetzlichen Krankenkasse, kann aber einen Antrag auf Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs. 2 MuSchG beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) stellen.
Personenkreis ohne Anspruch auf Mutterschaftsgeld
Beamtinnen, Richterinnen, Dienstordnungsangestellte und Soldatinnen haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld, da sie in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen und während der Schutzfristen eine Fortzahlung ihrer Bezüge erhalten.
Familienversicherte Frauen können grundsätzlich kein Mutterschaftsgeld erhalten, außer bei ihnen beginnt die Schutzfrist während eines unbezahlten Urlaubs oder während der Elternzeit bei Bestehen einer Familienversicherung nach § 10 SGB V.
Familienversicherte Frauen, die eine geringfügige bzw. kurzfristige Beschäftigung (Minijob) ausüben oder deren Arbeitsverhältnis (Minijob) während der Schwangerschaft oder Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG zulässig aufgelöst worden ist, haben Anspruch auf Mutterschaftsgeld gegenüber dem BAS in Höhe von maximal 210,00 EUR (§ 19 Abs. 2 MuSchG).
Ein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 SGB V begründet grundsätzlich keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld. Dieser ist auch ausgeschlossen, sofern ein Anspruch auf Krankengeld nach § 44a SGB V besteht.