Liposuktion bei Lipödem bietet Potential als Behandlungsalternative
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sieht in der Liposuktion bei Lipödem zumindest ein gewisses Potential als verbindlich notwendige Behandlungsmethode. Ob diese Operation in Zukunft von den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) übernommen werden kann, ist aufgrund der vorliegenden wissenschaftlichen Feststellungen und Erfahrungen derzeit noch nicht verbindlich zu beurteilen. Wegen der schwierigen Studienlage ist deshalb der G-BA in seiner Sitzung vom 20.07.2017 übereingekommen, eine laufende Bewertung dieser Methode pausieren zu lassen, um eine Studie zur Verbesserung der Erkenntnislage zu starten, die dazu führen soll die hier noch offenen Fragen und Probleme abschließend zu klären.
Dazu führte Dr. Harald Deisler, ein unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses für Methodenbewertung aus: „Wir wissen um den Leidensdruck der Patientinnen und die großen Erwartungen, die mit der Anwendung der Liposuktion verbunden sind. Bei der Aufnahme des Beratungsverfahrens hatten wir die Hoffnung, gute wissenschaftliche Studien zum medizinischen Nutzen des Eingriffs für die Patientinnen zu finden. Schließlich handelt es sich um einen Eingriff, der
bereits seit den 1990er Jahren angewendet wird. Leider hat sich diese berechtigte Erwartung nicht erfüllt, wir hätten uns hier ein anderes Ergebnis der Studienrecherche und -auswertung gewünscht. Stattdessen müssen wir feststellen, dass die vorhandenen Studien entscheidende Fragen – beispielsweise zur Notwendigkeit von Wiederholungs-
eingriffen oder zur Funktionsfähigkeit der Lymphbahnen nach der Operation offenlassen. Es gibt auch keine laufenden Studien, von denen wir uns hierzu Erkenntnisse erhoffen können. Der G-BA muss deshalb nun selbst tätig werden und das Instrument der Erprobungsstudie nutzen, um die wissenschaftliche Erkenntnislage zu verbessern. Wir erwarten, dass eine entsprechende Erprobungsrichtlinie im Januar 2018 beschlossen werden kann“.
Beim Lipödem handelt es sich um eine schwer zu diagnostizierende Krankheit von chronischem Verlauf, die zudem fast ausschließlich Frauen betrifft. Über die Häufigkeit dieser Erkrankung liegen derzeit allerdings keinerlei gesicherte Daten vor, weshalb das Lipödem auch erst seit Anfang 2017 in der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10 Code) zu finden ist. In der Umgangssprache wird das Lipödem, das durch eine massive Fettverteilungsstörung gekennzeichnet ist, allgemein als Reiterhosensyndrom bezeichnet. Bei dieser Erkrankung kommt es zur Bildung von symmetrischen Unterhautfettvermehrungen, sowie Bildung von Schwellungen des Gewebes aufgrund der Einlagerung von Flüssigkeit (Ödemen).
Die Erkrankten leiden sehr unter den in aller Regel lebenslang erforderlichen konservativen Therapien, wie Lymphdrainage, Kompression und Bewegungstherapie. Da die Ursachen der Erkrankung bisher nicht bekannt sind, bieten diese Methoden allerdings keine Heilung, sondern allenfalls eine Linderung der Beschwerden, wobei auch die andauernde Fettvermehrung in keinster Weise beeinflusst werden kann.
Bei der Liposuktion handelt es sich im Gegensatz zu den oben genannten Behandlungsmethoden um einen chirurgischen Eingriff, bei dem das krankheitsbedingt vermehrte Fettgewebe operativ entfernt wird. Allerdings ist es in den meisten Fällen notwendig die Betroffenen mehrmals zu operieren
G-BA Beschluss und Leistungsanspruch
Der Beschluss des G-BA hat für die Patienten hinsichtlich ihrer Leistungsansprüche zwei grundsätzliche Auswirkungen:
- Bis zur endgültigen Klärung und Beschlussfassung durch den G-BA bleibt der reguläre Leistungsanspruch für Versicherte der GKV unberührt.
- Die Kosten der Liposuktion werden für Teilnehmer an der künftigen Erprobungsstudie voll übernommen.
- Ist Liposuktion-Operation tatsächlich nur stationär durchführbar, so kann sich schon jetzt eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse ergeben.
Weitere Vorgehensweise
Der G-BA legt die Beschlüsse zur Aussetzung des Methodenbewertungsverfahrens dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vor. Nach Prüfung, Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger treten diese dann in Kraft. Der G-BA wird im Anschluss die Eckpunkte der Studie entsprechend beraten und dann eine Erprobungsrichtlinie entscheiden und festsetzen. Die Bewertung des Nutzens und der Risiken der Liposuktion sollen, auf einem ausreichend sicheren Erkenntnisstand, die Eckpunkte der Erprobungsstudie darstellen. Speziell sollen die Konkretisierung der entsprechenden Indikatoren, Vergleichsinterventionen, patientenrelevante Eckpunkte, der jeweils notwendige Studientyp und die sachlichen, personellen und sonstigen Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung in der Erprobungsrichtlinie festgelegt werden.
Eine unabhängige wissenschaftliche Institution, die im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung ermittelt wird, soll mit der Durchführung und Auswertung der Studie beauftragt werden.
In diesem Rahmen sollen insbesondere geklärt werden:
- Der Nutzen einer Liposuktion speziell im Hinblick auf eine Symptomreduktion, auf Lebensqualität und Notwendigkeit von (weiteren) konservativen Behandlungen, besonders im Vergleich zu nichtoperativen Maßnahmen.
- Die Notwendigkeit von Folge- oder Wiederholungseingriffen.
- Die Risiken der Operation.
- Der langfristige Erfolg sowie die langfristige Sicherheit der Behandlungsmethode.
Die Methodenbewertung der Liposuktion
Durch den Gesetzgeber wurde der G-BA mit der Aufgabe betraut, zu beurteilen und festzulegen, ob und ggf. welchen Anspruch Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung, hinsichtlich medizinisch oder medizintechnischer Behandlungsmethoden haben. Der G-BA prüft deshalb mit einem strukturierten Bewertungsverfahren, unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten medizinischen Erkenntnisstandes, die Notwendigkeit von Methoden oder Leistungen, die den Versicherten für eine ausreichende, zweckmäßige aber auch wirtschaftliche Versorgung zur Verfügung gestellt werden können.
Der G-BA entscheidet dann zum Abschluss des strukturierten Methodenbewertungsverfahrens, ob und in welchem Umfang eine ambulante und/oder stationäre Behandlungsmaßnahme zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen werden kann. Er legt dabei genau fest, für welche genauen Indikationen und unter welchen qualitätssichernden Anforderungen eine Behandlungsmethode angewendet werden kann.
Sollte der G-BA bei seiner Auswertung zu dem Ergebnis kommen, dass die wissenschaftliche Datenlage noch nicht für eine sichere Beurteilung und Entscheidung hinsichtlich Nutzen, Schaden oder Notwendigkeit der Methode ausreicht, muss eine Erprobungsstudie in Auftrag gegeben werden. Dabei muss natürlich immer grundsätzlich das Potential als Behandlungsmethode gegeben sein. Das Methodenbewertungsverfahren ist, zeitlich befristet, für Dauer der Erprobung auszusetzen.
Sollten Sie noch Fragen zu diesem oder anderen Themen aus dem Bereich der Kranken- oder Rentenversicherung haben, steht Ihnen die Rentenberatung Kleinlein immer gerne zur Verfügung. Wir stehen Ihnen bei allen Fragen zu ihren Ansprüchen Fachkompetent zur Seite und vertreten Sie auch bei Widersprüchen und Gerichtsverfahren.